Mareike Knevels

Flucht vor der alltäglichen Bedrohung im Heimatland: Delmy Quintanilla und Fabian Pacheco

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Seit mehreren Monaten bin ich im Oberen Mittelrheintal unterwegs, um dem Gefühl von Heimat oder Zuhause, beziehungsweise der Sehnsucht danach, auf die Spur zu kommen. Eine außergewöhnliche Begegnung mit einem Paar aus Zentralamerika, das in Lahnstein ein neues Zuhause fand, veröffentliche ich hier im Blog als kleinen Vorgeschmack auf mein Buch, das 2021 erscheinen soll.

Auf der Suche nach den drei Weisen aus dem Morgenland

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Ich bin in Koblenz unterwegs. Es ist meine letzte Geschichte. Und wie das mit letzten Geschichten so ist, laufen sie nicht ganz, wie sie sollen. Das Schreiben fühlt sich gerade zäh an, schwierig, aber vielleicht liegt das auch am Abschiednehmen. Eine Weihnachtsgeschichte soll es jedenfalls werden, das Koblenzer Kreuzchen ihr Spielort. Und ich werde eine Route gehen, die man nicht so einfach findet. Ungewöhnlich. Anders. Koblenz Neuendorf – zwischen Industriegebiet, Wohnsiedlung, Feste Franz, Kaserne und Volkspark

Der Sparkasten – eine aussterbende Tradition

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Ich glaube, es muss im September gewesen sein, als ich ihn zum ersten Mal entdeckte: den Sparkasten. Ein metallener Behälter, nicht größer als ein Stromkasten und mit einzelnen Fächern versehen. Diese Fächer wiederum besitzen kleine Geldeinwurfschlitzen. Ein wenig erinnert mich das Ganze an einen Adventskalender – nur eben mit 40 Türchen statt den üblichen 24. Entdeckt habe ich den Sparkasten an der Wand des Oberweseler Wirtshaus „Zum Lamm“.

Mit Snapchat und ohne Reiseführer in Koblenz

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Es wird kühler. Am Wochenende werden die Uhren umgestellt, der Herbst ist längst da und die kläglichen Versuche, sich in dünner Kleidung dagegen zu wehren, scheitern mit laufender Nase und Heiserkeit. Kälte bedeutet Umzug. Mein Umzug von der Burg Sooneck auf die Festung Ehrenbreitstein nach Koblenz. Noch halte ich die Stellung in der gemütlichen Rosenburg Niederheimbachs. Lange wird es allerdings nicht mehr dauern, bis ich gehen werde, der Kälte weiche. Also bin ich nach Koblenz gefahren, um die Stadt auf mich wirken zu lassen.

Helene, 1000 Jahre Geschichte in vier Stunden

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Helene lerne ich an einem warmen Sommertag auf der Burg Sooneck kennen. Ich sitze am kleinen runden Picknick-Tisch nahe der Burgmauer und schreibe. Auf einmal steht Helene vor mir. Sie hat einen Holzkorb in der Hand, gefüllt mit Zwetschgenkuchen, Kaffee und einer Tischdecke. Außerdem befindet sich darin ein Rüdesheimer Kaffeeservice für drei Personen. Helene trägt ein rosafarbenes Dirndl und hat goldblonde Schulterlange Locken. Ich schaue mich kurz nach den Kameras um, denn für einen Moment habe ich das Gefühl, mich in einem Filmset für Heidi, einem bayrischen Schlagervideo oder dem Heimatkanal zu befinden. Aber da ist kein Filmteam – nur eine Familie mit zwei Kindern, die Helene „Frau Müller“* nennen.

Kriäärr, Kriäärr, die Lachmöwe schreit

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Hören. Beobachten. Zählen. Warten. Wieder zählen.

„Um Wasservögel zu beobachten und zu zählen, braucht man Disziplin und Expertise“, sagt Manfred Braun. Der 67-jährige pensionierte Biologie-Lehrer weiß, wovon er spricht. Seit seinem 15. Lebensjahr beobachtet er die Tiere, dokumentiert sie, führt ein Flora- und Faunatagebuch. Gemeinsam mit seiner Frau Ursula, die auch Lehrerin war, zählt er seit fast 30 Jahren die Wasservögel auf dem Rhein.

Mit Red Noami und viel Liebe durch Lahnstein

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Ich bin auf dem Weg nach Lahnstein: Fahre die B42 entlang, bin immer noch überrascht, nein, viel mehr verwundert wie „anders“ von hier der Rhein aussieht, sich das Mittelrheintal entlang der rechten Flussseite erstreckt.
Das Gebirgsmassiv des Taunus drückt sich mal ganz nah an den Fluss – zwischen Rhein und Felswand scheinen bei Ehrenthal und Kestert gerade mal ein paar Bäume und die asphaltierte Straße zu passen. Und dann zieht sich der Taunus nahe der Rheinschleife in Filsen zurück, macht Platz für Obst- und Weinanbau, der Blick kann in die Weite schweifen.

„Mein Ruin ist mein Bereich“ Liebe, Geld und Kneipen

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Liebeskummer ist wie ein 10.000-Teile-Puzzle: Er hat eine Altersbeschränkung von sechs bis 99 Jahren, am Anfang ist es mühselig, anstrengend. Der Berg an unendlich niemals zusammenpassenden Puzzleteilen wird nicht kleiner, genauso wie der Schmerz, der nicht enden will. Man weiß nicht, wo man beginnen soll, nichts will funktionieren, man lässt es liegen, haut ab, flieht, kehrt zurück. Nach und nach fügen sich ein, zwei Teile, doch noch macht das alles keinen Sinn. Dann entstehen kleine zusammenhängende Inseln, das Bild baut sich langsam auf, Dinge klären sich, irgendwann dann ist das Puzzle fertig. Befreiend wird es aber erst, wenn alles wieder im Karton liegt, im Keller steht, bestenfalls auf dem Flohmarkt. Die Analogie sitzt nicht ganz, aber ein bisschen stimmt‘s schon.

Räume, Geschichten, Geheimnisse – was Burgmauern erzählen würden

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Die Sonne geht laut Google um 6.43 Uhr auf. Die ersten Strahlen kann ich aber schon kurz nach 6 Uhr von meinem Bett aus sehen, die Sonne dabei beobachten, wie sie sich so langsam über den Taunus schiebt.
„Man kann in jedem Gebäude glücklich oder unglücklich sein“, sagt der niederländische Architekt Rem Kolhaas. „Aber manche Gebäude machen einen unglücklicher als andere.“ Die Burg hinterlässt so langsam ihre Spuren – unglücklich macht sie mich nicht.

Mom, I’m coming home to you – Das Leben eines Dauercampers am Rhein

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Ob die B9 oder die B42 entlangfahrend, ob mit dem Schiff kommend, den Rheinsteig entlang wandernd oder vom Loreleyblick Maria Ruh aus schauend – von überall sieht man sie: Die weißen Eigenheime auf Rädern, typisch deutsch geordnet, auf den Zentimeter genau nebeneinander geparkt – weiße Wohnmobile auf Camping- und Stellplätzen.
Die Zeilen „Cuz I live at home in a trailer, Mom I’m coming home to you“ von Eminem in 8 Mile schießen mir jedes Mal durch meinen Kopf, wenn ich eines der weißen Campingmobile sehe.

Die letzten ihrer Art – ein Leben auf dem Fluss

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Ein holländisches Familienunternehmen auf einem Frachter

„Das ist Romantik mit Stress“, grinst Robert Wijngaarden, „auf dem Wasser zu sein ist für mich wunderbar, aber die Tage sind lang. Oft sind es 16-Stunden-Schichten. Laden, ausladen, den Fahrplan einhalten, am Mittwoch anlegen in Worms, am Freitag in Düsseldorf.“
Robert Wijngaarden gehört die Salire. Gerade legt das Frachtschiff im kleinen Hafen am Fuße der Loreley an.

Bushaltestellen-Romantik 2.0, Langeweile und Zurückkehren, wo der Fluss die schlechte Laune mitnimmt

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Vor kurzem saß ich in einer Bushaltestelle, der Grund selbsterklärend: Ich wollte einen Bus nehmen. Das Burgenblogger-Auto befand sich in der Werkstatt und ich musste zu dieser gelangen.
Als ich da also in der Bushaltestelle saß, erinnerte ich mich daran, wie viele Nachmittage, Abende, manchmal ganze Tage wir als Jugendliche in unserer Dorf-Bushaltestelle verbrachten. Sie war unser Safe Space, unser Treffpunkt, unser Raum – eben unser „place to be“.

Luz del Rhein – das Licht am Rhein

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„Moriré aquí“ – hier werde ich sterben, sagt Anna und lächelt mich an.

Wir begegneten uns eine Woche zuvor, ich lief auf der Burgmauer in Bacharach entlang, während sie mit ihrer Familie auf der selbigen zu Abend aß: Reis, Tortilla, dünn gebratenes Fleisch. Es war spät abends, für deutsche Verhältnisse wäre es ein Mitternachtsmahl gewesen.
Ich setzte mich für einen Moment zu Anna und ihrer Familie an den Tisch, hörte ihren Gesprächen zu, war jedoch müde und sagte, dass ich wiederkommen werde. Anna bot mir an dem Abend an, einmal zu kellnern – und ich nahm an.

Otherside – Unterwegs in Ehrenthal

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Habe ich schon erwähnt, dass ich Ohrwürmer mag? Also nicht das sechsfüßige Fluginsekt mit dem Zangenpaar am Hinterleib, sondern die zufällig aufkommenden Lied-Schnipsel im Ohr.
Ich habe mal gehört, dass sie eine tiefergehende Bedeutung haben, es einen Sinn hinter ihnen gäbe. Doch auch, dass sie nur auftauchen, wenn unser Gehirn sich langweilt. Das Arbeitsgedächtnis nichts zu tun hat, sich im Leerlauf befindet. Zusammengefasst also eine bedeutungsschwangere Langeweile.

Ein Resümee: el condor pasa

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Der erste Monat ist vorbei – viel zu schnell, wie ich finde. Die Tage sind weggeflogen wie Löwenzahnsamen und statt dem Blütenstiel sind einige Fragen geblieben.
„Wie ist das so, auf einer Burg zu wohnen? Hast du Angst – besonders als Frau? Fühlst du dich da oben einsam? Und woher bekommst du eigentlich Essen?“ Die ersten drei Fragen tauchten immer wieder auf, die Vierte wurde mir nur einmal gestellt, gefiel mir aber.

St. Goar – mehr als eine Erinnerung

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Kuckucksuhren, Leinenkleider und 1000 Teekannen

Als ich nach St. Goar komme, ist mein erster Gedanke „So präsentiert sich also Deutschland.“ Eine kleine Fußgängerzone, in der es mehr Eisdielen als Lebensmittelgeschäfte gibt (3:1), einige Souvenirläden, Leinenkleider, Ketten aus Mineralsteinen und Weinstuben. Es sind vor allem die Souvenirläden, die diesen – ja, teils oberflächlichen – Gedanken hervorrufen.

Geistige Umnachtung vs. Wissensdurst

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Da bin ich also. Tausche Rauhfasertapete gegen steinerne Burgmauer. Feinstaub gegen Frischluft. Und Großstadtgeflüster gegen – ja was eigentlich – Provinzstille, Mittelrheintalgesang, Weinberg-Gejodel? So genau weiß ich das nicht. Überhaupt weiß ich noch nicht, was mich hier, also im Mittelrheintal und auf der Burg Sooneck, so alles erwartet. Kann ich ja auch nicht. Denn Horoskope erzählen einem bekanntlich nur das, was man hören will, und die schrullige Dame mit der Glaskugel war gerade nicht da.