Die Buga 2031 scheint noch sehr weit weg. Obwohl der Optimismus groß ist, steht noch nicht mal fest, ob sie überhaupt kommen wird. Am kommdenen Montag moderiere ich in Sankt Goar eine Diskussionsrunde zur Buga. Bei dieser Veranstaltung können sich die Menschen am Mittelrhein ein Bild davon machen, wie weit die Planungen sind, wie die nächsten Schritte aussehen und welche Herausforderungen es zu bewältigen gibt.
Auch ich hatte mich schon drauf gefreut und wäre gerne bei Tal toTal dabei gewesen. Aber nach den teilweise verheerenden Unwettern am Mittelrhein ist die Großveranstaltung Tal toTal abgesagt worden. Gesperrte Bahnstrecken, das Risiko neuer Unwetter und die in Einsätzen gebundenen Sicherheitskräfte: Am Ende kam zu viel zusammen. Die Veranstaltung ist nicht ordnungsgemäß durchführbar. Auch eine Wiederholung in ein paar Wochen ist nicht möglich, erklärte eine hörbar geknickte Organisatorin Claudia Schwarz im Gespräch.
Nach meinem Besuch im Café Global in Oberwesel hatte ich den Wunsch, den Menschen dort zu helfen. Meine Idee: Ich sammele den besten besten Wein vom Mittelrhein und versteigere ihn am Ende meiner Zeit als Burgenblogger. Der Erlös kommt dem Flüchtlingscafé in Oberwesel zu Gute. In diesem Video erkläre ich die Aktion noch einmal.
Die Frau hat Kraft, klar. Das ahnte ich bereits, als ich mit Jutta Reiss für einen Blogbeitrag zum Welterbetag ihre Kunstwerke die Treppen hochhievte. Die kleine zierliche Frau ist ein Energiebündel. Dass sie aber derart viel Kraft hat, das kann ja keiner ahnen. Die Künstlerin organisiert gerade eine Veranstaltung: Am kommenden Samstag, 1. August, soll die „Lebensader Rhein Flagge zeigen“, wie sie es formuliert. Über 20 Gastronomen und Winzer treffen sich auf der Pfalzgrafenstein. Jeder bringt einen weißgedeckten Tisch und Essen mit. Es gibt Kulinarisches und Kunst – und es zeigt sich das ganze Potenzial des Mittelrheintals. Ich war reichlich begeistert, als Jutta Reiss mir neulich davon erzählte. Auch wenn sich ihre Stimme dabei etwas überschlug. „Es ist uns allen ein Bedürfnis. Auch wenn es die reinste Kanufahrt auf einem Hochgebirgsbach ist, in solch kurzer Zeit eine Produktion in dem Umfang zu organisieren“, meint sie.
Jutta Reiss auf der Pfalzgrafenstein
Reiss sieht die Aktion als Gegenangriff zum Siffgate und erfüllt mir damit einen heimlichen Wunsch: Eine Feier, die ich zur offiziellen Halbzeit der Burgenbloggerei geplant hatte, wird es nicht geben. Nun aber das, wie schön! Jutta Reiss hat es geschafft rechts- und linksrheinische Angebote zu verbinden und sogar das Wasser-und Schifffahrtsamt überzeugt. So wird es Wein und Kunst und Musik der Gruppe Ranunculus geben. Der Fährmann wird gut zu tun haben, alle rüber zu holen (trotz Niedrigwassers?). Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, ist eine Anmeldung über Facebook notwendig.
Bei 36° Grad ist die Schmugglerzone heute ohne Schatten. Auf einer Wanderung durch die Weinberge der Familie Nies ist es also notwendig sich regelmäßig Flüssigkeit zu zu führen. Und da alle der rund 45 Mitwanderer am Erhalt des Weinbaus in den Steilhängen interessiert sich, muss es natürlich das lokale Produkt sein. Aus heimatpflegerischen Gründen, versteht sich. Sechs Verkostungen und eine ganze Menge historisches Wissen bekommt man hier an einem Tag. Und ganz nebenbei einen Schwipps.
1. … Ich habe eine Gruppe gegründet, die in kürzester Zeit über 1000 Mitglieder gefunden hat. Ich freue mich, dass in der Gruppe „Du weißt, du kommst vom Mittelrhein, wenn…“ jetzt Eissorten und Ortsschilder diskutiert werden. Es werden Fotos von grüßenden Ordensschwestern und platzenden Feuersalamandern geteilt. Es wird erklärt, was Krotze ist. Einer hat jetzt sogar einen Aufkleber entworfen. Das Beste: Ich halte mich da ganz raus. Moderiert wird die Gruppe von lokalen Admins. Die vermehren sich jetzt von alleine. Ich bin Fan!
Am Bacharacher Rheinstrand: Enge und Weite. Charme und Siff. Die alle wohnen hier. Und wer noch?
Von oben betrachtet: Die Orte am Mittelrhein sind Bandwurmdörfer. Sie ziehen sich wie Kaugummifäden wahlweise an der Bundesstraße oder am Rheinufer entlang. Das sorgt für Entzerrung. Und verhindert Ortskerne. Die Häuser stehen nicht beieinander, sie reihen sich hintereinander auf. Eine Dorfmitte erkennt man kaum. Stattdessen gibt es T-Kreuzungen. Ein Bürgermeister sagt: „Am Mittelrhein gibt’s kein Miteinander“. Wenn es hier Wachstum gab, dann nicht in konzentrischen Kreisen, sondern stets in Bandwurmrichtung.
Währenddessen habe ich mir beim Wandern im schönen Soonwald Gedanken gemacht, was man – von politischer Reflexzonenmassage mal abgesehen – noch aus der Debatte mitnehmen könnte. Es ist doch so: Als Burgenbloggerin will ich ja nun auch nicht durchs Mittelrheintal laufen, jeden Kieselstein umdrehen und dann sagen: „Guckt mal, da drunter ist Dreck!“ Mancherorts gibt es hier im Mittelrheintal echt was zu tun, darüber diskutieren meine Blogleser ja gerade sehr fleißig auf allen Kanälen. Mir kam aber auch der Gedanke: Es muss ja nicht immer alles picobello sein. Wie wär’s mit ein bisschen mehr Liebe zum Siff?
Karikatur mit freundlicher Genehmigung von www.Hannes-mercker.de / www.facebook.com/hmercker
Bis dahin noch drei Leseempfehlungen für mein geschätztes Digitalpublikum: Nachdem ich die aktuelle Entwicklung zum Thema #Siffgate vergangene Woche hier zusammengefasst hatte, gab es folgende lesenswerte Beiträge:
Der Aktionstag ist Teil eines Programms, dass sich die Dorfbewohner selbst verpasst haben. „Zukunftsfähiges Steeg – In Steeg wohnen und leben“ ist der sperrige Titel. Ein Blogleser hatte mich auf den Termin hingewiesen, ein Kommentator hatte sogleich spöttisch darunter vermerkt: „Was soll denn noch alles gemäht werden?“ Das klang für mich nach einer interessanten Gelegenheit, irgendwo zwischen Putzwahn und „Unser-Dorf-soll-schöner-werden“-Singsang etwas über die Menschen hier zu lernen. Also habe ich mich auf den Weg gemacht heraus zu finden, warum die Steeger so fleißig gruschteln, hacken und mähen (vom Streichen hab ich nichts gesehen).
Bevor ich ins Mittelrheintal gezogen bin, waberten drei Sätze durch meinen Kopf. Mahnungen, Warnungen, Befürchtungen. Den ersten hörte ich am Telefon, als ich im Tal anrief. „Da wollen mer doch erstmal schauen, was mer uns da für eine Laus in den Pelz gesetzt haben mit Ihnen!“ Ich lachte laut – und schluckte leise. Ein herzliches Willkommen klang irgendwie anders. Der zweite Satz kam in Variationen zu mir: „Erwarten Sie nicht, dass wir Ihnen hier den roten Teppich ausrollen“, sagte einer. Andere formulierten so: Die Menschen da am Mittelrheintal können stoffelig sein, räudig gar. Die brauchen ein bisschen zum Warmwerden. Das sind Eigenbrötler. „Oha“, dachte ich. Der dritte Satz wog am Schwersten: „Unterschätzen Sie nicht die Wirkung, die so eine Burg auf Sie haben kann. Das sind wirklich dicke alte Mauern…“