In wenigen Tagen endet meine Zeit als Burgenblogger. Sechs Monate am Mittelrhein auf der Burg waren eine einmalige und sehr schöne Erfahrung für mich. Ich werde die Burg sicher vermissen. Gleichzeitig bin ich froh, dass dieses Projekt zum Ende kommt und ich mich neuen Aufgaben widmen kann. Aber auch das Burgenblog ist bereit für jemand Neues. Eine Bilanz und ein Ausblick.
Als ich hier vor sechs Monaten auf die Burg zog, hatte ich keine Ahnung, was mich erwarten würde. Würde ich hier schnell Anschluss finden? Haben die Menschen überhaupt noch Interesse an dem Projekt? Wird das Pendeln zwischen Köln und Mittelrheintal klappen? Nun, 25 Wochen später, kann ich sagen: Es war eine überragende Zeit. Und die Region hat mich mehr als positiv überrascht.
Wenn ich daran denke, was in dieser Zeit alles passiert ist, wo ich dabei sein konnte, und was ich mit anderen Leuten auf die Beine stellen konnte. Angefangen beim Instawalk in Koblenz, der sehr viel Spaß gemacht hat. Dann das Koblenzer Sommerfest, das ich direkt aus der Leitzentrale miterleben durfte. Die große Paddeltour. Die strahlenden Kinderaugen beim Maus-Tag, den ich mit der GDKE auf der Sooneck organisiert habe. Und natürlich “Burgenbloggers Weinkiste”, für mich das beste Beispiel für ein tolles Mittelrhein-Gemeinschaftsprojekt.
Dazu die vielen, netten Menschen, die ich hier kennengelernt habe. Zum Beispiel das Weingut Lithos, die entgegen aller Trends an den Mittelrhein kommen, um hier etwas aufzubauen. Oder Eugen, der einsame Matrose vom Mittelrhein. Oder das Ehepaar Hähn aus Boppard, die vegane Küche im vermeintlichen Schnitzelparadies zaubern. Es hieß immer, der Mittelrhein sei “verschlafen”, “in der Zeit stehen geblieben”, sucht euch was aus. Ich sage: Das stimmt überhaupt nicht. Im Gegenteil. Es gibt hier so viele Leute, die was machen und die ihre Heimat nach vorne bringen wollen.
Was ich mir für diese Leute wünschen würde: Dass es mehr Pioniergeist gibt. Weniger “Ja, aber…”, mehr “Super Idee, wie schaffen wir jetzt…”. Lasst die Leute von der Kette. Man könnte hier noch so viel machen. Das gilt auch für mich. Ich kriege ohne Probleme eine Liste mit 20 oder mehr Themen zusammen, die ich gerne noch bearbeitet hätte. Ich wollte mich mit den drei einzigen Bürgermeisterinnen im Welterbe-Gebiet treffen. Ich wollte auf die Klassik-Konzerte von Falko Hönisch gehen und in der Drosselgasse feiern gehen. Ich wäre gerne mal auf einem Kreuzfahrtschiff unterwegs gewesen. Ich hätte gerne noch viel mehr Menschen getroffen, mir ihre Geschichten angehört, ihre Meinung zu Entwicklungen hier in der Region. Es hat nicht alles geklappt. Die gute Nachricht: So bleibt noch was fürs nächste Jahr übrig.
Denn das Burgenblog soll 2017 weitergehen. Das ist der Wunsch der Projektpartner von Entwicklungsagentur, GDKE und Rhein-Zeitung. Die Suche nach dem/der nächsten Burgenblogger*in ist schon im Gange. Ich finde das super. Denn eines ist mir während meiner Zeit hier besonders aufgefallen: Vielen Menschen fehlt ein gut gemachtes Medienangebot für diese Region. Das soll nicht heißen, dass RZ, AZ, TV Mittelrhein, SWR und so weiter hier einen schlechten Job machen. Im Gegenteil. Ich kenne ja viele der Journalisten hier persönlich und schätze deren Arbeit sehr. Aber trotzdem fühlen sich viele Menschen hier nicht gut informiert über das, was im Tal passiert. Das liegt nicht unbedingt an den Journalisten. Die Medienlandschaft ist zersplittert, während das viel beschworene “Wir-Gefühl” von Assmanshausen bis Osterspai immer größer wird. Gleichzeitig sind die Interessen der Menschen in Trechtingshausen natürlich völlig anders, als die der Braubacher.
Ein Burgenblogger allein kann diese Lücke nicht füllen. Schließlich ist das Projekt nur auf sechs Monate angelegt. Und es wird auch nicht ewig möglich sein, jedes Jahr jemand Neues auf die Burg zu setzen, der dann frischauf loslegt. Auch dieses Konzept ist irgendwann überstrapaziert. Aber zwei, drei Burgenblogger*innen kriegt man hier schon noch unter, denke ich. Denn noch gibt das Burgenblog den Menschen das Gefühl: “Da ist jemand, der berichtet nur über uns und für uns.” (Korrigiert mich, wenn ich hier falsch liege). Allein das macht dieses Projekt so wertvoll. Da, wo es gute Medienangebote gibt, entstehen Diskussionen, werden Dinge hinterfragt, bleibt alles in Bewegung. Stillstand entsteht, wenn keiner da ist, der das Rad in Schwung bringt.
Darum will ich dieser Region auch nicht vollständig den Rücken kehren. Allein schon deshalb, weil ich hier viele Menschen kennen gelernt habe, die ich gerne wiedersehen möchte. Aber auch, weil ich glaube, dass es hier noch viel mehr zu entdecken und zu berichten gibt. Erst recht, wenn eine Buga 2031 immer wahrscheinlicher wird. Ein solches Großprojekt wird viel in Bewegung bringen und neue, interessante Geschichten produzieren. Und weil ich die erstens gar nicht alle alleine werde aufschreiben können und ich zweitens glaube, dass es viele andere Leute gibt, das genauso gut, wenn nicht besser können, arbeite ich gerade an einem Projekt, mit dem ich noch mehr junge Journalisten an den Mittelrhein locken will. Noch ist es nicht ganz spruchreif. Aber es nimmt langsam aber sicher Gestalt an und ich hoffe, bald mehr dazu verraten zu können.
Ich will dem Mittelrhein also auf jeden Fall verbunden bleiben. Jetzt freue ich mich aber erstmal auf den Abschluss eines für mich erfolgreichen Projekts. Und jetzt seid ihr, die Leser dieses Blogs dran- Schreibt mir und den Projektpartnern gerne eure Meinung in die Kommentare! Nur so können wir dieses Projekt besser machen. Wie hat euch das Burgenblog 2016 gefallen? Was wünscht ihr euch fürs nächste Mal? Was sollte man anders machen?
5 Kommentare
Für 2017 wünsche ich mir: Mehr Nutzung von Twitter und Instagram (nur ca.37 recht schwache Fotos seit Moritzs Antritt als Burgenblogger in 6 Monaten ist beschämend wenig, für eine Region, die wesentlich mehr bietet), Größere Fotos in den Artikeln. Ein Weglassen oder deutliches Reduzieren der repetiven langweiligen Selfies – mit Victory-Zeichen garniet – und somit sich weniger in Szene und in den Mittelpunkt setzen. Insgesamt weniger Fokus auf den Burgenblogger, stattdessen mehr Geschichten der Menschen und mehr von der Region? Ein Blogger kann mehr machen, wenn er will. Auch die oben angesprochene Orte sind in 6 Monaten machbar. Es war auf jeden Fall besser, als das gescheiterte Burgenblogger-Projekt 2015. (was natürlich auch an den verbesserten Umständen lag. 2 Wohnungen, Gehaltserhöhung etc.) Dennoch sage ich: Danke Moritz! Denn es war auch sicher nicht ganz einfach, das zerbrochene Projekt aufzunehmen und Risse zu kitten.
Hey Mac, danke für das konstruktive Feedback und das Lob. Ich gehe mal auf ein paar Sachen ein: Ich denke, es ist immer ein wenig Geschmackssache, welchem sozialen Netzwerk man den Vorzug gibt. Instagram habe ich eher wenig gemacht, stimmt. Wobei ich da mit dem Instawalk z.B. ja schon gezeigt habe, dass ich da bin und mich engagiere. Aber guck doch mal, was ich auf Facebook gemacht habe. Ich glaube, da kam fast täglich ein Posting, es gab rund 30 Videos von mir, ich habe Livestreams gemacht, usw. Die Reichweite, die über Instagram auf das Blog kommt, ist im Promillebereich. Facebook macht fast ein Drittel der Abrufe aus. Twitter ist OK, aber auch nicht mehr das große Ding, das es mal war. Ich gucke da durchaus, wo es sich lohnt, Gas zu geben, und was eher nice to have ist. Ein zukünftiger Burgenblogger, der total auf Instagram abgeht, kann da gerne richtig was zaubern. Das Projekt gibt das ja her. Aber ich poste dir auf jeden Fall direkt jetzt noch ein schönes Foto auf Instagram :)
Was Geschichten angeht, kann ich deine Kritik nicht nachvollziehen. Wenn es hier eins gab, dann viele Geschichten von Menschen in der Region. Insgesamt waren es rund 70 Blogposts in 26 Wochen. Das sind fast drei Postings in der Woche, die alle (mit unterschiedlichem Aufwand) recherchiert und geschrieben werden müssen. On top dazu einige Aktionen, die ich entweder mit oder ganz allein organisiert habe: Weinkiste, Maustag, Paddeltour, Instawalk, Shirt-Aktion. Ich kann dir sagen: Mir war garantiert nicht langweilig. Ich glaube, in dem Punkt hast du einfach eine falsche Vorstellung davon, wie viel Arbeit dieses Blog macht, das explizit kein Fulltime-Job sein soll. Mehr machen geht immer. Aber dann macht man halt andere Sachen im Leben weniger. Und da muss jeder persönlich abwägen, wie viel er sich zumuten möchte.
Und zum letzten Punkt: Dass ich hier Risse kitten müsste, habe ich nicht einmal so empfunden. Zumindest habe ich an der Burg keine entdecken können ;)
Ich vermisse weiterhin die Binger Umgebung – nicht nur Trechtingshausen, sondern auch Bingerbrück und Bingen – und gerade nicht Koblenz und Rüdesheim, die ja touristisch weitaus beliebter und bekannter sind und nicht wirklich Publicity oder ein Wachrütteln brauchen. Bingen ist zwar Rheinhessen und war kein Rheinpreußen, aber es ist dennoch das Tor zum Mittelrheintal, um das es ja im ganzen gehen soll(te). :((
Danke für den Kommentar. Natürlich ein berechtigter Kritikpunkt. Bingen kam, wie auch andere Orte (Boppard, Spay, Bad Salzig) nur sporadisch bis gar nicht vor. Ich kann nur soviel dazu sagen: Auf keinen Fall habe ich Orte bewusst außen vor gelassen, weil ich sie für uninteressant oder nicht wichtig hielte. Aber es ist für eine Einzelperson einfach verdammt schwer bis unmöglich, alle Orte, Landkreise, Gemeinden des Mittelrheintals in gleicher Weise abzudecken. Dem Mittelrheintal in seiner Gesamtheit gerecht zu werden, an dieser Aufgabe kann man nur scheitern. Deswegen war dies auch nie mein Ziel. Ich habe bestimmte Rechercheprojekte gehabt. Diese haben mich an bestimmte Orte geführt. So war die Vorgehensweise.
Was Bingen speziell angeht: Es gab mehrere Ideen für Themen in Bingen. Leider haben sich diese aus Zeit- oder anderen Gründen dann doch nicht umsetzen lassen. Auch für mich war das sehr schade. In der Aufarbeitung mit den Projektpartnern wurde aber bereits darüber gesprochen, dass auf manche Orte, wie Oberwesel, ein stärkerer Schwerpunkt gelegt wurde als auf andere. Möglicherweise wird man versuchen, im nächsten Jahr die Schwerpunkte anders zu verteilen. Die Möglichkeiten dafür sind da, ohne dass man einem/einer Burgenblogger*in ein enges Korsett setzen muss. Ich hoffe, diese Antwort hilft ihnen ein wenig weiter. Im besten Fall bleiben sie dem Burgenblogger treu und geben im kommenden Jahr ein paar Hinweise, was man in Bingen auf keinen Fall verpassen darf. Beste Grüße
Die Zugvögel ziehen weg
die den Sommer
nur heiter gesehen
bald kommt der Winter
und der Frost
zieht ein
in die Schatten
und Risse die
unter der Decke
glanzvoller Sicht
glitzernden Schiefers
unbesehen da blieben
Stille zieht ein
Stumme ins Tal
brückenlos bleibt
jedes Ufer für sich
ankerlos in die Nacht
wirft sich ein Lichtstrahl
auf den kahlgeschorenen Fels da
der Loreley
dröhnt
ein Donnern der Züge
echolos
beidseitig
die Ufer entlang
FGP