Wenn Weingüter am Mittelrhein was “für die Jungen” anbieten, zeigen sie einen 40 Jahre alten Filmklassiker. Dass das gerade so gut gehen kann, beweist Cecilia Jost in Bacharach. Weil sie positive Energie und Aufbruchstimmung ausstrahlt. Und einen ausgefallenen Filmgeschmack hat.
Drei Besucher sind sogar verkleidet gekommen. Cecilia Jost hatte in ihr Weingut in Bacharach zum Filmeabend geladen. Auf dem Programm: “The Rocky Horror Picture Show”, der Kultfilm der 70er Jahre, der bis heute eine große Fangemeinde hat. Auch in Bacharach. Gästeführerin Linda Butz, die auch gekommen ist, gesteht mir mit leuchtenden Augen: “Den habe ich bestimmt schon 15 mal gesehen.” Damit ist ist sie offenbar nicht die einzige. Zahlreiche Zuschauer können nicht nur die Lieder mitsingen, sondern sogar die Dialoge mitsprechen.
Ganz kurz also für alle Unwissenden: “The Rocky Horror Picture Show” von 1975 ist die Verfilmung eines gleichnamigen Musicals. Die skurrile Handlung ist schwer in Worte zu fassen, aber ich will es versuchen. Ein frisch verlobtes Paar, Janet (Susan Sarandon) und Brad (Barry Bostwick), strandet nach einer Autopanne in einer alten Villa, die von einer Gruppe Freaks bevölkert ist. Oberhaupt ist ein gewisser “Dr. Frank’n Furter” (gespielt von Tim Curry), ein androgyn veranlagtes Wesen, der im Stile Dr. Frankensteins den perfekten Menschen erschaffen will. Was ihm auch gelingt. Irgendwie. Das freudige Ereignis wird mit einer bizarren Travestie-Party gefeiert, die mehr und mehr in einen absurden Swinger-Reigen ausartet. Nebenbei wird gemordet, das Opfer zum Abendessen serviert, und mit Laserdreizacken bewaffnete Aliens spielen auch noch eine Rolle.
Man kann es Mutter Jost jedenfalls nicht verdenken, dass sie sich während des Films zu mir rüberbeugt und flüstert: “Unsere Tochter hat einen etwas komischen Filmgeschmack.”Aber The Rocky Horror Show ist halt Kult. Auch in Bacharach zelebrieren die Fans die Vorführung ausschweifend. Reis und Toilettenpapier fliegen durch die Luft, Zeitungen dienen als Hüte und man tanzt den “Timewarp”. Travestiekünstler sucht man bei Jostens aber leider vergebens.
Wenn ich jetzt böse wäre, würde ich sagen, dass es natürlich tief blicken lässt, wenn diese Veranstaltung als “jung” gilt. Mit einem Film von 1975? Hüstel, naja, was man sich am Mittelrhein so unter “Jung” vorstellt… Viele der Filmzuschauer sind eher aus der Generation meiner Eltern. Aber damit sind sie wahrscheinlich trotzdem jünger als der deutsche Durchschnitts-Touri in Bacharach.
Jetzt habe ich aber genug gemeckert. Denn es ist ja eine gute Veranstaltung. Und tatsächlich “mal was anderes”, als die gute, alte Weinprobe auf irgendeinem Rheindampfer. Cecilia und ihre Rheingauer Winzerkollegin Julia Seifert versprühen viel Charme und Esprit, während sie ihre Weine anpreisen, und der Film funktioniert ja trotz seines fortgeschrittenen Alters bis heute. Auch wenn er nicht mehr ganz so shocking ist wie einst. Bei Jostens mache sogar ein paar Kinder fröhlich bei der Klopapierschlacht mit. Insofern: Gerne mehr Veranstaltungen dieser Art am Mittelrhein. Und keine Angst vor der eigenen Courage: Es darf noch abgefahrener sein. Beim Zeitsprung in die Zukunft kann man durchaus noch kräftiger abspringen.
Die Veranstaltung ist übrigens Teil der “Rheingauer Filmnächte”. Der nächste Kinoabend ist am 14. Juli im Weingut Prinz von Hessen. Nach dem 70er-Kultfilm folgt ein Hit der 80er-Jahre: Gezeigt wird Flashdance.
Burgenbloggers Weinkiste (II): Ein Erbe für den guten Start
BURGENBLOGGERS WEINKISTE geht in die zweite Runde. Bei Cecilia Jost vom Weingut Toni Jost habe ich mir einen Riesling vom Hausberg "Bacharacher Hahn" abgeholt. Mehr Infos zu der Aktion gibt es hier:
https://busy-payne.93-95-133-68.plesk.page/aktion-burgenbloggers-weinkiste-hilft-gefluechteten/Posted by Burgenblogger on Samstag, 2. Juli 2016
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