Als Halbzeit bezeichnet man in vielen Ball- bzw. Torspielen den Zeitpunkt, wenn die erste Hälfte der Zeit abgelaufen ist, der erste Teil des Spiels vorüber ist. Heute ist Halbzeit. Die ersten drei Monate als Burgenbloggerin auf der Burg Sooneck sind vorbei, ziemlich schnell ist die Zeit vergangen. Drei Monate bleiben, sie liegen noch vor mir.
Halbzeit ist ein neutraler Begriff. Er ist nicht wertend. Im Gegensatz zum Wort Bergfest. Der mit dem Symbol eines Berges arbeitet, den es zu erklimmen gilt. Eine Bergbesteigung ist mit Anstrengung verbunden, nicht mit Leichtigkeit und Fluss. Trotz Aussicht freut man sich doch wieder auf den Abstieg.
So fühlt sich die Zeit für mich auf der Burg Sooneck nicht an. Ich bin vielmehr in einen Fluss gesprungen ohne Fahrplan, hatte keine Ahnung, wohin mich dieser Fluss führen würde. Keine Ahnung von der Strömung, den Stromschwellen und den Ufern.
Das Bild des Flusses gefällt mir nicht nur, weil der Rhein vor meiner Burgtür entlang fließt, sondern weil ich hier wieder an Platons Zitat „Pánta chorei kaì oudèn ménei“ denke. Es ist die kürzeste Formulierung der Flusslehre Heraklits, die sagt: Alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln. Der Gedanke liegt hier auf dem Aspekt des Werdens und Vergehens. Es eine „Bejahung des Vergehens“ und kein „ich will, dass die Zeit vorbei geht“.
Genauso wie im Spiel: Vor der ersten Halbzeit ist man aufgeregt, hat zwar eine grobe Vorstellung, weiß aber nicht, wie der Gegner ist, wie das Spiel wird.
In der zweiten Halbzeit ist die Motivation eine andere. Entweder den Stand halten oder doch noch gewinnen. Die Taktik anpassen, den Druck erhöhen. Auch die Aufregung und die Perspektive sind anders.
Doch egal, wie man spielt, weil man spielen will und nicht, damit die Zeit vorüber geht. Und so ist es auch hier auf der Burg Sooneck für mich.
Natürlich gab es auch nervige und anstrengende Momente. Ich musste Termine koordinieren oder habe die Worte zehnmal hin und her geschoben, nichts hat sich richtig angefühlt, alles wie eckige Bauklötze, die man vergebens in eine runde Form pressen möchte. Bis dann irgendwann der Text saß oder auch nicht. Doch auch das ist ein Lernprozess, gehört irgendwie zum Wachsen dazu.
Wenn ich etwas in den letzten drei Monaten gelernt habe, dann offen und neugierig den Dingen zu begegnen. Einfach mit dem Fluss zu schwimmen. Und anzunehmen, was kommt.
Mittlerweile habe ich einen groben Fahrplan und ein wenig Orientierung, bin nicht mehr wie Treibgut und steuere selbst.
Der Song von „Walk Unafraid“ von First Aid Kit hat mich dabei oft begleitet. Auch in diesem geht es um ein mutiges nach vorne Stolpern, ein Losgehen und in der Vertrautheit den Widerspruch zu sehen.
Die Heimat neu zu erkunden, war bisher eine der bewegendsten Entscheidungen für mich selbst.
Die Zeichnungen sind an einem verregneten Tag entstanden. Heute scheint noch einmal die Sonne, so als würde sich der Sommer verabschieden.
Ich bin gespannt auf den Herbst und die kühleren Tage um die Burg.
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