Fetz ist der neue Blücher

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Laurenz, Nadja, Vinzenz und Marcus Fetz (von links). Foto: privat

Wenn ich den Ortsnamen Dörscheid höre, fallen mir spontan drei Dinge ein: das Naturschutzgebiet Dörscheider Heide, Die Königsetappe des Rheinsteigs und der Name Fetz. Fetz gibt’s in Dörscheid gleich zwei, die mir da in den Sinn kommen. Zwei Brüder. Winzer und Destillateur Heinz-Uwe Fetz und dessen Bruder Marcus Fetz. Marcus betreibt mit seiner Frau Nadja das Landgasthaus Blücher. Noch jedenfalls. Denn jetzt ist Fetz der neue Blücher. Was zunächst verwirrend klingt, hab ich mir von Marcus mal erklären lassen. So viel vorweg: Er wird keine Brücke über den Rhein errichten.

1999 haben Marcus (44) und Nadja (43) das Haus von seinen Eltern übernommen. Seine Großeltern haben aber bereits den Grundstein gelegt. Für die beiden Dörscheider steht also im kommenden Jahr ein kleines Jubiläum an. Sie führen das Landgasthaus dann bereits seit 20 Jahren. Und passend dazu wird’s auch einige Veränderungen geben. Das Restaurant wurde bereits Anfang des Jahres komplett neu gebaut. Derzeit laufen die Arbeiten im Anbau auf Hochtouren. Neben neun weiteren Doppelzimmern wird das Landgasthaus auch um einen Saunabereich erweitert. Und weil’s eigentlich schon längst überfällig ist, ist auch Schluss mit dem derzeitigen Namen: Aus Landgasthaus Blücher wird „Fetz – Das Loreley-Hotel“ inklusive neuer Internetseite.

„Nadja und ich wollten den Namen nach all den Jahren einfach mal ablegen, denn das ist irgendwie immer noch das Ding meiner Eltern und Großeltern. Wir ticken ja anders. Auch das Restaurant war vor dem Neubau veraltet und hat nicht mehr zu dem gepasst, was wir heute auf den Teller bringen“, erklärt Marcus. Und auch hinsichtlich der Leistungen, die die beiden bieten, passt die Bezeichnung Landgasthaus einfach nicht mehr. Darunter würden die Leute meist eher etwas anderes verstehen. Der Name würde dem Drei-Sterne-Superior-Standard des Hauses nicht mehr gerecht werden und führe eher zu Verwirrungen bei den Gästen.

„Wir mussten uns die Frage stellen, machen wir jetzt noch 10 oder 20 Jahre so weiter, wie es jetzt ist, und schließen dann den Laden zu. Dann geht’s uns so wie vielen anderen Betrieben im Mittelrheintal. Es kommt zum Investitionsstau, man bekommt das Haus nicht mehr verkauft, es steht letztlich leer. Oder investieren wir jetzt in den Betrieb“, erklärt Marcus. Viele Kollegen hätten ihn für verrückt erklärt und tun das auch heute noch. Damit kann Marcus aber gut leben. Es gab nur wenige Menschen im Umfeld der beiden, die gesagt haben, der Weg sei richtig. „Wir sind hier eben nicht in Bacharach, Boppard oder Oberwesel, sondern in Dörscheid, einem 450-Seelen-Dorf. Hier sind wir am Ende der Welt, oder zumindest kann man es von hier schon ganz gut sehen“, sagt Marcus und lacht.

Investitionen im siebenstelligen Bereich sind da ein mutiger Schritt in die Zukunft. Denn eine Garantie, dass sich das auch auszahlt, konnte den beiden niemand geben. „Wenn du abends um 17 Uhr deinen Laden am Rhein noch nicht voll hast, dann bekommst du vielleicht die verbliebenen Tische mit Laufkundschaft trotzdem noch besetzt. Wer zu uns kommt, muss gezielt herkommen. Entweder weil er uns kennt oder durch eine Empfehlung. Wir müssen uns aufgrund der Lage eben abheben von anderen Betrieben“, erklärt der Dörscheider. 70 Prozent der Gäste sind Stammgäste, schätzt er. Sie kommen aus ganz Deutschland. Darunter auch Gäste, die bereits bei seinen Eltern zu Gast waren. Einheimische kommen zum Essen oder für Stammtischrunden. Im Dorf gibt’s sonst fast keinen Ort mehr, wo man sich treffen könnte.

Die Lage auf der Taunus-Rheinhöhe birgt sowohl Vor- als auch Nachteile. In Dörscheid ist es viel ruhiger als unten im Rheintal. Bahn-, Schiff- und Straßenlärm gibt’s hier nicht. Besucher können weit in die Ferne blicken, die Aussicht in den gegenüberliegenden Hunsrück ist großartig. Und man ist direkt in der Natur, die Dörscheider Heide und der Rheinsteig grenzen direkt ans Hotel an. „Für uns hier oben ist es allerdings ein ganz großes Problem, dass es so wenige Taxiunternehmen gibt. Wir organisieren den Transport unserer Gäste deshalb mit einem Funk-Mietwagen aus Ruppertshofen. Von der Logistik her ist das schon sehr aufwendig“, erklärt Marcus.

Und dennoch tun Marcus und Nadja viel für ihre Gäste. Davon konnte ich mich im Sommer selbst überzeugen, als ich zum Essen dort war. Am Nachbartisch auf der Terrasse saßen zwei ältere Herren aus Hamburg, die zum Wandern einige Tage bei Marcus zu Gast waren. Ich kam mit den beiden ins Gespräch, und wir unterhielten uns lange. Irgendwann stieß Marcus dazu, um den beiden das Programm für die kommenden Tage zu erläutern. Er hatte den beiden den Transfer organisiert und reichte ihnen Infomaterial zum Rheinsteig und den von ihnen gewählten Etappen. Darüber hinaus erklärte er ihnen noch einige Details, die es auf dem Weg zu beachten gilt. Ich hatte den Eindruck, die beiden Herren fühlten sich in guten Händen.

„Auch wenn wir den alten Namen jetzt ablegen, wollen wir trotzdem immer noch familiär sein und das Menschliche zwischen uns und unseren Gästen weiter leben. Uns ist es ganz wichtig, dass unsere Gäste zufrieden sind“, erklärt Marcus. Egal, ob Geschäftsleute, die für eine Tagung oder ein Seminar im Haus sind, Wanderer auf dem Rheinsteig, Familien, Kurz- oder Langzeiturlauber. „Gerade Geschäftsleute sind dankbar, wenn sie bei uns familiär aufgenommen werden“, sagt Marcus. Denn die übernachten ohnehin häufig in Hotels, manchmal weit weg von der eigenen Familie. Ein bisschen Nestwärme tut da sicher gut.

„Als wir im Januar einige Wochen geschlossen hatten wegen des Umbaus, hat uns ein Stammgast kontaktiert. Er war wieder geschäftlich in der Region und wollte unbedingt bei uns übernachten, nirgends sonst. Und er wollte sogar freiwillig aufs Frühstück verzichten. So was motiviert einen dann natürlich, so schwer das auch manchmal in dem Job ist“, erinnert sich der 44-Jährige.

Auch die 30 Mitarbeiter scheinen sich bei Marcus und Nadja sehr wohlzufühlen. Als die beiden wegen des Umbaus sechs Wochen schließen mussten, haben alle Mitarbeiter gesagt, dass sie hinter ihnen stehen. Mit der Kündigung erhielten dann alle gleich den neuen Arbeitsvertrag. Alle sind dem Haus treu geblieben. „Unsere Angestellten sind gut, die will ich auch gar nicht verlieren“, sagt Marcus. Sie haben viele langjährige Mitarbeiter, die auch zu einer Art Familie geworden sind. „Nadja und ich versuchen einen engen Kontakt zu unseren Angestellten zu halten. Wir verbringen immerhin viel Zeit miteinander. Da kommen auch mal private Themen auf. Das leben wir. Und das macht uns vielleicht auch als Arbeitgeber attraktiv“, denkt Marcus.

Derzeit sind alle Ausbildungsplätze in der Küche besetzt. Eigentlich hatten die beiden immer mehr Auszubildende im Betrieb, als sie ursprünglich geplant hatten. „Im Service könnten wir zwar noch Plätze besetzen, aber ich möchte mich momentan wirklich nicht beklagen“, sagt Marcus. Der Fachkräftemangel zieht allerdings auch an ihnen nicht vorüber. Es werde zunehmend schwerer, Mitarbeiter zu finden.

Bisher hatten Marcus und Nadja in der Nebensaison auch immer einige Zeit geschlossen. Die Wintermonate, wo weniger los war, wurden mit den stärkeren Sommermonaten kompensiert, wo mehr los war. Wie das in der Hotellerie und Gastronomie eben häufig üblich ist. „Ich hoffe, dass die Nachfrage für das neue Hotel so groß ist, dass wir künftig gar nicht mehr schließen können. Das wäre ein Traum“, sagt Marcus.

 

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