„Wir brauchen einen 24-Stunden-Fährbetrieb“

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Die Bürgerinitiative für eine Rheinbrücke bei Bingen hat über 11.000 Unterschriften gesammelt, um eine Machbarkeitsstudie auf den Weg zu bringen. Wie stehen die Grünen dazu? Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion Jutta Blatzheim-Roegler im Interview.

Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion Jutta Blatzheim-RoeglerFrau Blatzheim-Roegler, wie stehen die Grünen zur Machbarkeitsstudie mit Blick auf die Rheinquerung zwischen Bingen und Rüdesheim?Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, wenn es entsprechende Beschlüsse der Kreistage Mainz-Bingen und Rheingau-Taunus gibt, ist das Land bereit, sich an der Finanzierung einer solchen Studie zu beteiligen. Der Landkreis Mainz-Bingen hat dies jedoch abgelehnt, inzwischen liegen allerdings genügend Unterschriften für einen Bürgerentscheid vor. Das ist eine Form der Bürgerbeteiligung, die wir ja auch wollen. Der Kreistag  hat den Bürgerentscheid für zulässig erklärt. Jetzt steht noch die rechtliche Prüfung durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier aus. Wenn die grünes Licht gibt, wovon ich ausgehe, kommt es zum Bürgerentscheid am 24. September.

Wirklich begeistert klingt das nicht.
Ich bin überzeugt, dass bei einer solchen Studie nichts Neues herauskommen wird. Es gab 2006 bereits eine Studie, die zutage gefördert hat, dass die ökologischen Risiken einfach zu hoch sind. Mit Blick auf die gesetzlich geschützten Rheinauen, die Biotope und dem inzwischen zertifizierten Vogelschutzgebiet. Das hat sich in zehn Jahren nicht geändert. Eine weitere Studie ist daher unnötig.

Das heißt, Sie wollen eigentlich gar keine Brücke.
Das heißt, dass sich das ganze Gebiet zwischen Bingen und Budenheim auf Grund der wertvollen Ökologie nicht eignen wird, beziehungsweise, dass mit so hohen Auflagen verbunden wäre, dass es praktisch an der Stelle nicht umsetzbar ist. Insofern: ja, ich bin gegen eine Brücke dort.

An welcher Stelle dann?
Das ist tatsächlich schwierig. Die Auen erstrecken sich zwischen Bingen und Budenheim auf dem gesamten Areal. Hinzu kommt, dass es von hessischer Seite auch Bedenken gibt, auch aus verkehrspolitischer Sicht. Die Bundesstraße im Rheintal 42 ist bereits schon sehr hoch frequentiert und eine Brücke würde das Verkehrsaufkommen weiter erhöhen.

Also wollen die Grünen eigentlich generell keine Brücke?
Es geht nichts ums Wollen oder Nichtwollen. Ich habe nichts per se gegen Brücken an Stellen, wo es machbar ist.  Die vorangegangene Machbarkeitsstudie hat aber bereits gezeigt, dass die ökologischen Risiken zu hoch sind. Deshalb hat man damals die Sache auch gar nicht weiter verfolgt. In dieser Unberührtheit haben sich international geschützte Biotope entwickelt. Wenn Sie Verkehrsprojekte planen, müssen Sie Kosten und Nutzen abwägen, hier wären die Auflagen gar nicht erfüllbar.

Was ich aber absolut verstehen kann, ist, dass die Leute eine unkomplizierte Mobilität fordern. Der Fährbetrieb müsste deshalb zeitlich ausgeweitet werden. Das geschieht ja auch bereits schrittweise. Unser Ziel ist es, einen 24-Stunden Fährbetrieb einzurichten.

Für den touristischen Verkehr wurde im Süden des Landkreises eine Solarfähre eingerichtet. Auch das ist ein Baustein.

Wie wäre es mit einem Tunnel?
Das ist eine Kostenfrage. Ein solches Projekt würde die Kosten ganz sicher um das Doppelte in die Höhe treiben. Wir Grüne machen uns Gedanken, wie man Mobilität grundsätzlich verbessern kann. Dazu brauchen wir einen 24-Stunden-Fährbetrieb. Für Menschen, die von der rheinland-pfälzischen Seite beispielsweise nach Wiesbaden müssen, haben wir eine andere Idee: eine Direktverbindung mit der Bahn. Das gab es kurzzeitig, als die Schiersteiner Brücke gesperrt war. Das alles sind Maßnahmen, um die Bedürfnisse der Leute aufzufangen.

Eine weitere Machbarkeitsstudie wird keine neuen Erkenntnisse liefern, sondern nur Geld kosten. Bessere Mobilität gibt es dadurch nicht.

 

*Nachtrag.  9. Juni 2017.

Zwei Fragen wurden von den Lesern dieses Blogs zum Thema immer wieder gestellt. Ich habe Frau Blatzheim-Roegler gebeten, sie zu beantworten

Warum gibt es diesen 24-Stunden-Fährbetrieb eigentlich nicht schon längst?
Das ist auch eine finanzielle Frage. Die Fähre befindet sich im privaten Eigentum. Eine Ausweitung auf einen 24-Stunden-Betrieb würde ca. 400.000 Euro/ Jahr kosten.

Wie kann so ein 24-Stundenbetrieb finanziert werden? Sind Zuschüsse geplant?
Derzeit wird geprüft, ob unter finanzieller Beteiligung der Kommunen eine 24-Stunden-Verbindung eingerichtet werden kann.  Die Stadt Bingen hat bereits im Haushalt 20.000 Euro dafür eingestellt, um zusätzliche Fährzeit „zu kaufen“.  Würden Subventionen von Landesseite eingesetzt werden, bedarf es immer auch einer EU-rechtlichen Genehmigung. Die EU-Beihilferichtlinien sind sehr streng.

Als Grüne finde ich, dass prinzipiell Steuergelder eingesetzt werden können müssen, weil auch Fähren – wie Straßen und Brücken – der allgemeinen Mobilität zu Gute kommen.

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