Die Steine, die die Welt bedeuten

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Eine junge Blondine, die am Rhein sitzend ihr güldenes Haar kämmt. Ein schroffer Fels, der den mächtigen Strom in die Enge treibt. Rheinkilometer 555. St. Goar und St. Goarshausen. Dörscheid, Bornich, Weisel. „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…“

Dinge, die die Menschen mit der Loreley assoziieren. Mal mehr, mal weniger. Loreley, damit wissen Menschen auf der ganzen Welt etwas anzufangen. Höre ich Loreley, denke ich zu allererst an etwas anderes: die Freilichtbühne. Deutschlands „Rockfelsen“.

Mein erstes Konzert dort: Ich glaube es war Manowar 2009. Ganz sicher bin ich nicht. Seitdem hatte ich mir vorgenommen, jedes Jahr mindestens ein Konzert dort zu besuchen. Die Magie dieses Ortes hatte mich gepackt. So ganz geklappt hat das zwar nicht. Seitdem habe ich aber Muse, Die Fantastischen Vier und verschiedene DJs bei zwei Ausgaben von „Ein Tag am Rhein“ dort live erlebt. Für mich ist es eine der schönsten Bühnen in Deutschland. Wenn nicht sogar die schönste Bühne. Und ich habe wirklich viele Bühnen gesehen.

Manchmal wünsche ich mir früher geboren zu sein. Um all die großartigen Musiker auf der Loreley gesehen zu haben. Bob Dylan, Joe Cocker, Die Toten Hosen, Herbert Grönemeyer, Peter Maffay, Metallica, Udo Jürgens, Red Hot Chili Peppers, Carlos Santana, Simple Minds, Sting. Die Liste ist lang. Und ließe sich noch weiter fortführen.

In der Jahrhunderthalle in Frankfurt hängt eine große Tafel an einer Wand im Foyer. Darauf stehen all die Musiker, die dort bereits gespielt haben. Das würde sich auch an der Loreley gut machen. Wo das Plateau ja ohnehin gerade umgestaltet wird…

Früher war alles besser, diese Schlussfolgerung liegt jetzt wieder mal nahe. Wars aber nicht. Auch heute noch spielen Jahr für Jahr die ganz großen Künstler auf der Loreley. In diesem Jahr unter anderem A-ha, Sunrise Avenue und am vergangenen Wochenende Fury in the Slautherhouse und Westernhagen.

Früher war aber definitiv mal mehr Rasen. Mehr Grün oberhalb der steinernen Sitzränge. Seit einigen Jahren scheint hier kaum noch ein Halm zu gedeihen. Und früher war auch mal mehr Treppe. Bruchsteintreppe. Die wurde im Zuge des Umbaus der Bühne durch eine Metalltreppe in Rostoptik ersetzt. Ob man das nun besser findet: Geschmackssache. Spielt aber auch eigentlich keine Rolle. Denn benutzt wird die Treppe anscheinend ohnehin nicht mehr. Jedenfalls war sie bei meinen letzten beiden Konzertbesuchen gesperrt. Stattdessen erfolgt der Zugang weiter oben am Waldrand.

Dort, wo sich auch gerne mal Zaungäste niederlassen. Jene, die kein Ticket mehr ergattern konnten. Oder denen der Ticketpreis einfach zu hoch war. Dass der Veranstalter und die Stadt St. Goarshausen ihnen nicht die Sicht mit irgendwelchen Barrieren am Zaun nimmt: sympathisch.

Die Anziehung der Bühne in Worte zu fassen, das ist sicherlich möglich. Ich hab’s stattdessen mit Bildern versucht. Leider durfte ich nur während der ersten drei Songs beim Konzert von Westernhagen fotografieren. Das ist bei den meisten Konzerten üblich so. Weder Worte noch Fotos können aber das leisten, wozu ein Konzertbesuch auf der Loreley imstande ist: das wohlige Kribbeln, Gänsehaut, feuchte Augen. Das Bewusstsein, Teil eines besonderen Moments zu sein, der so nie wiederkehrt. Kurz: Glücksgefühl. Man muss es live erlebt haben.

„Ich bin wieder hier, in meinem Revier…“, singt Marius Müller-Westernhagen, und widmet den Song der einen Tag zuvor verstorbenen Aretha Franklin. Ich bin wieder hier, in meinem Revier, denke ich, als ich den Blick von der Bühne in den Zuschauerraum schweifen lasse. Und ich werde wiederkommen. Immer und immer wieder.

 

Und hier die Bilder zum Durchklicken:

7 Kommentare

  • Simon Henneberger says:

    you can’t spell slaughter without laughter… ;-)
    nen grandiosen job machst du da, christoph!

  • Barbara Ams says:

    Ja, lieber Burgenblogger, du hast die Magie des Felsens erfasst. Ich habe da schon einige dieser Musikgrößen gesehen und erinnere mich immer gerne an diese ganz besondere Atmosphäre. Mein absoluter Traum wäre es, einmal den Boss live auf der Loreley zu sehen. Danach kann nichts mehr kommen. :-)

  • Herbert Piel says:

    Tja lieber burgenblogger, das mit der Tafel in Frankfurt und den unglaublichen Rockgiganten die auf dieser wundervollen Bühne bereits gespielt haben, selbst Woodstock Größen waren vertreten habe ich mich auch schon einmal gefragt und dann schaue ich mir mein Fotoarchiv an Komma und sehe darin genau all diese Größen die du oben angeführt hast mit faszinierenden Aufnahmen vom Anfang der 70er Jahre bis in die Neuzeit. Vielleicht träumt man noch ein bisschen von einem Hard Rock Café im Besucherzentrum in dem man diesen Fotos einen würdigen Platz an geeigneter Stelle geben könnte. Ich erlebe immer wieder die Rockfans von damals die heute in den 50ern 60ern angekommen sind, die dann ihren Kindern unterhalb des Felsens an der Fähre erzählen was sie für eine tolle Zeit dort oben auf eine der schönsten Open-Air-Bühne Europas erleben durften

    • Herbert Piel says:

      Nachtrag wenn man dann als Einheimische noch sich seinen großen Jugendtraum erfüllen durfte und mit eigener Band selbst dort oben auf dem Felsen auf der Bühne spielen durfte auf dem die eigenen großen Musik Idole gespielt haben dann hat man wahrscheinlich sowieso eine sehr persönliche Beziehung zu diesem wundervollen Ort

    • Christoph Bröder says:

      Na da bin ich ja froh, dass auch noch andere ähnliche Ideen und Gedanken haben. Es ließe sich noch mehr draus machen, da sind wir uns wohl einig. Ich finde es auch irgendwie schade, dass man die Bühne nicht auch außerhalb von Konzerten mal betreten/besuchen kann. Nicht jeder ist ja gerade für ein Konzert in der Region, möchte das Amphitheater aber vielleicht trotzdem mal sehen.

  • Ilona Radler says:

    ich wohne direkt gegenüber … bei Maria Ruh … und war auch auf dem Konzert! Hab als junges Mädchen schon seine Songs gesungen und Westernhagen einmal live zu sehen … wow …. war ein tolles Erlebnis! Die Loreleybühne ist ein ganz besonderer Platz und immer einen Ausflug auf die andere Rheinseite Wert!

    • Christoph Bröder says:

      Maria Ruh ist aber auch ein ganz besonderer Platz, vor allem, weil es dort ja seit einer Weile nun auch eine Bühne gibt.