Auf zu neuen Horizonten

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Das Horizonte Festival habe ich vor rund zehn Jahren zuletzt besucht. Damals kannte ich mit Ausnahme von Culcha Candela, die gerade ihren Durchbruch in Deutschland feierten, keine andere Band im Programm. Genauso erging es mir auch am vergangenen Wochenende. Indianergeflüster, eine junge Band aus dem Hunsrück, kannte ich. Die restlichen rund 30 Bands: eine akustische Reise ins Ungewisse.

Genau das macht den Reiz des Weltmusikfestivals auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz aus, das in diesem Jahr bereits zum 16. Mal stattfand. Von einer Bühne zur anderen zu hetzen, um diese und jene Band zu sehen, die man sich zuvor bereits im Programmheft markiert hat, wie es häufig auf anderen Musikfestivals Sitte ist, entfällt hier einfach. Zwar gibt das Programmheft des Horizonte Festivals eine ungefähre Vorstellung von dem, was einen erwarten könnte. Letztlich kommt es jedoch oft ganz anders. „Oriental Trance Rock“, so wird beispielsweise die Musik von Yossi Fine & Ben Aylon aus Israel beschrieben. Ich habe den psychedelischen Rocksound der 1960er- und 70er-Jahre im Ohr. Und liege damit zumindest nicht komplett daneben. Was mich hingegen bei der deutschen Band Provinztheater mit „Rumpelpolka“ und „Kartoffelrock“ erwartet? Ich habe keinen Schimmer. Hier ist die Vorstellungskraft schon deutlich mehr gefordert.

Weltmusik. Ja, was ist eigentlich Weltmusik? Ein eigenes Genre oder einfach nur Musik aus aller Herren Länder?

Wikipedia schreibt dazu:

Weltmusik ist zum einen die Bezeichnung für die im Zuge fortschreitender Globalisierung entstandenen Mischformen aus westlichen und nicht-westlichen Musikpraktiken. Zum anderen wird damit die Summe der verschiedenen Musiken der Welt bezeichnet. Demnach ist „der Begriff vage und mehrdimensional und wird entsprechend kontrovers diskutiert“, schreibt Max Peter Baumann in seinem MGG-Artikel dazu.

MGG, das steht für „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“. Ein Werk, das zu den umfangreichsten Musiklexika der Welt zählt.

Das Festival eröffnet nicht nur musikalisch neue Horizonte, sondern auch kulinarisch. Denn die Welt ist nicht nur auf den vier Bühnen zu Gast, sondern auch auf dem World Streetfood Market. Neben Klassikern wie Currywurst und Pommes gibt’s dort unter anderem auch afghanische Küche zu erleben. Die Schlangen vor den Ständen spiegeln das Interesse der Besucher an neuen Speisen wider. Auch hier unterscheidet sich das Horizonte von anderen Musikfestivals, wo häufig nur die Wahl zwischen Bratwurst, Döner, Pizza und Asia-Nudeln bleibt.

Dass die Festung Ehrenbreitstein einfach eine tolle Kulisse für ein Festival ist: geschenkt. Die Wege zwischen den Bühnen sind kurz. Gefällt nicht, was man hört, geht man einige Meter weiter um die Ecke und steht vor einer anderen Bühne. Geschützt durch die dicken Mauern der Festungsanlage, bleiben sie akustisch voneinander getrennt.

Dass Trennung darüber hinaus nicht Ziel des Festivals ist, zeigt sich auch bei der Heterogenität der Besucher. Bis zu drei Generationen feiern hier gemeinsam. Während sich die Großeltern um die im Gras vor der Bühne spielenden Enkelkinder kümmern, haben die jungen Eltern mal Zeit für sich, können ausgelassen zur Musik tanzen. Den einen Horizonte-Besucher gibt es nicht. Menschen in Ballonhosen und Batik-Shirts tanzen barfuß neben dezenter gekleideten Festungsdauerkartenbesitzern, die aus Neugier zum ersten Mal dabei sind. Menschen, deren Wege sich im Alltag womöglich nicht kreuzen würden, stehen hier zusammen und kommen vielleicht sogar miteinander ins Gespräch. Ein Austausch, der was bewirken kann? Genau: Horizonte erweitern.

Und hier die Fotos zum Durchklicken:

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